Sonya Hofer
Porträt der Äbtissin Marcellina Pustet
Öl auf Leinwand
2018
Stark und farbenfroh
Sonya Hofer erhielt den Auftrag, ein Gemälde der Altäbtissin Marcellina Pustet anzufertigen. Der Verein der Kloster-Säben-Freunde aus Bayern fand in der Klausner Künstlerin eine Meisterin der Porträtmalerei
Wach, wissbegierig und unglaublich präsent – so zeigt sich Altäbtissin Marcellina Pustet auf dem Gemälde, das seit Herbst in der Porträtgalerie des Klosters Säben hängt. Als zehntes Bild – Mutter Marcellina leitete als zehnte Äbtissin von 1970 bis 1996 die Geschicke des Benediktinerinnenklosters. Verglichen mit den historischen Porträts sieht das Gemälde erfrischend anders aus – und zieht die Blicke der Vorbeigehenden auf sich.
Einfühlsames Portrait
Sonya Hofer wählte für ihr Porträt von Mutter Marcellina mit dem Quadrat ein ungewöhnliches Bildformat und setzte sie in die Mitte. Nur ein schmaler Rand umgibt das Brustbild der Äbtissin. Das Gesicht der Dargestellten bestimmt das Bild: Der Mensch Marcellina Pustet steht im Vordergrund – vor ihrem Amt der Äbtissin. Zahlreiche Gespräche führte Sonya Hofer mit Mutter Marcellina, setzte sich mit ihrem Leben und Wirken auseinander, studierte alte Fotos, Zeitungsberichte und Filmaufnahmen der heute 94-Jährigen, um sich ein Bild der Äbtissin in jüngeren Jahren machen zu können.
So entstand ein einfühlsames Portrait einer großen Persönlichkeit. Allein über ihr Gesicht kommuniziert die Äbtissin mit dem Betrachter des Gemäldes. Offen und selbstbewusst blickt sie ihn an. Entschlossen und tatkräftig wirkt sie. Strahlend, gelassen und zufrieden – eine Frau, die ihre Lebensaufgabe gefunden hat.
50 Jahre im Kloster Säben
Geboren wurde Elisabeth Pustet am 29. Februar 1924 in Regensburg, als ältestes Kind des Verlegers Dr. Friedrich Pustet und seiner Frau Elisabeth. Sie studierte zunächst Germanistik und Theologie in Innsbruck und arbeitete als Sekretärin des Dogmatikprofessors Georg Engelhardt an der Theologischen Hochschule in Regensburg und später als Lektorin im Verlag Pustet. 1954 trat sie ins Benediktinerinnenkloster Herstelle ein. Nach 15 Jahren bat sie die Ordensleitung, sie ein Jahr nach Säben zu versetzen. Dort wurde sie 1970 zur Äbtissin gewählt. Aus dem einen Jahr im Kloster Säben sind inzwischen fast 50 geworden.
Die Insignien der Äbtissin sind Mutter Marcellina auf dem Porträt beigegeben, sie hält sie nicht aktiv in der Hand. Rechts schiebt sich der Äbtissinnenstab ins Bild, links ist das Brustkreuz zu sehen. Die violette Farbe auf dem Gemälde bezieht sich auf die Farbe des Amethystes, der den Ring der Äbtissin ziert. Das leuchtende Rot spielt auf den Wahlspruch der Äbtissin an: „Ex caritate confidens – aus Liebe vertrauend“ (RB 68,5). Im Hintergrund erhebt sich auf Wunsch von Mutter Marcellina Kloster Säben.
Der Auftrag für das Gemälde kam vom Verein der Kloster-Säben-Freunde in Bayern. In der Künstlerin Sonya Hofer wurde eine Meisterin der Porträtmalerei gefunden. Sie lässt sich jederzeit aufs Neue mit Begeisterung auf die Herausforderungen einer Kunst ein, die nicht bloße Wiedergabe eines Gesichtes sein will. Mit viel Empathie für ihr Gegenüber, einem schwungvollen Pinselstrich und einem beeindruckend sicheren Umgang mit Farben zeichnete sie ein faszinierendes Porträt einer starken Frau.
Johanna Bampi